Haute Route: vom Pigne d’Arolla in die Schluchten von Chanrion
Auch an diesem Morgen essen wir im Scheinwerferlicht unserer Stirnlampen. Brot und Marmelade, etwas Kaffee, packen unseren Marschtee und schleichen noch etwas hilflos zu unserer Ausrüstung. Um halb sechs ist die Hütte noch ruhig und dunkel, und wir sprechen kaum ein Wort. Automatisch wird alles vorbereitet, und gleichzeitig stehen wir vor dem Rifugio Nacamuli (2.830 m), das wir in Minuten in der Dunkelheit verlieren.
der etwas flache Sattel Col de l’Eveque
Wie schon gestern müssen wir den Col de Collon (3.074 m) überwinden, diesmal von der steilen Südseite aus. Unsere Harscheisen tun hier gute Dienste, und im Morgengrauen sind wir schon ein Stückchen weiter zum Col de l’Eveque (3.382 m). Kurz unterhalb des Sattels bricht das Massenskitouren-Phänomen der Haute Route aus, Dutzende kommen uns nun in Reih und Glied entgegen gerauscht. Wir achten, dass wir einen großen Bogen machen, irgendwie stehen diese Leute unter Stress. Nur wenige geben Zeichen, dass sie uns willkommen heißen – ein Stock wird kurz gehoben, ein Kopfnicken, oder gar ein ‘Bon jour’.
ein kurzer Abstecher auf die Pointes d’Oren
Vom Sattel biegen wir nach Süden ab und hoffen auf ruhigere Zustände, die sich auch sofort einstellen, sobald man die Hauptroute verläßt. Wir wollen auf die Pointes d’Oren, eine Gruppe unscheinbarer Gipfel, die aber vom Süden aus betrachtet mächtige Felszacken darstellen. Wir erklimmen die steile Seite mit Spitzkehren, eine andere Gruppe wird vom Bergführer gar am Seil und zu Fuß da hochgebracht. Wir grüßen und sind auch gleich wieder weg. Es geht hinunter, endlich.
hinten rechts die weisse Kuppe des Pigne d’Arolla
Von den Pointes d’Oren (3.525 m) geht’s nun flott über den Glacier du Mont Collon zum Col de Charmotane (3.037 m), einem sehr unauffälligen Sattel unterhalb des Pigne d’ Arolla (3.790 m), den wir heute erklimmen wollen. Die Hänge werden nun wieder steil, und zahlreiche Gruppen kommen vom Pigne d’Arolla bzw. vom Col du Brenay herunter. Wir zählen mehr als 150 Abfahrer. Wir brauchen etwas, bis wir oben sind, und entscheiden uns dann für die Abfahrt über den Glacier d’Otemma.
am Ende des Glacier d’Otemma wartet eine rassige Schluchtabfahrt
Die Abfahrt ist zu Beginn, vorsichtig ausgedrückt, sehr unspektakulär, fast schon eine Langlaufloipe. Aber sehr einsam. Erst gegen Ende wird es rassig, als wir durch eine enger werdende Schlucht den Ausgang zur Alpe Chanrion erreichen (ca. 2.250 m). Der Gegenanstieg zur Cabane de Chanrion (2.462 m) stresst uns nicht. Das Wetter ist fein, und wir haben noch genug Zeit, um die Sonne zu genießen. In der Hütte fühlen wir uns gleich willkommen, und wir besprechen mit unserem Wirt die Route und das Wetter für die nächsten Tage. Wir sind hier gut aufgehoben, auch am Tisch mit einer Gruppe Franzosen gönnen wir uns einen Ausklang eines 8-Stunden-Skitourentages. Wie schon seit gestern sind wir die Einzigen, die gegen Westen ziehen.
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[…] Dunkeln fahren wir also zurück, von wo wir gestern gekommen sind (Charmotane, 2.236 m), und steigen auf der gegenüberliegenden Talseite hoch. Hier haben wir letztes Jahr unsere […]
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